Besonders im letzten halben Jahr war bei mir extrem Loslassen und Neuwerden angesagt. Vielleicht ging es dir ja ähnlich?
Das Neuwerden, Neu Sein, zeigt sich mir nun immer offensichtlicher. In mehr Frieden, Neutralität, dem Losgelöst sein von Wünschen, Bedürfnissen und Erwartungen, die ich früher noch hatte.
Eines ist mir viel mehr bewusst: Leben IST – ein ständiges Loslassen und Neuwerden. Akzeptanz und Hingabe sind vonnöten – dieses Fließen MIT dem Leben erst lässt dich inneren Frieden und Freude an eben dieser Lebendigkeit und diesem SEIN erfahren.
Was heißt Loslassen?
Mein bisheriges Leben und Er-leben hat sich verwandelt. Die alte Jeanett ist quasi in vielerlei Hinsicht gestorben. Wieder einmal.
Es ging um das Loslassen von Denkmustern, die schon lange nicht mehr zu mir passten, das Loslassen von Rollen, Glaubenssätzen, Erwartungen, Hoffnungen, Plänen, zwanghafter Kontrolle, von Emotionen… tief und ausdauernd in mir haftender alter Ängste … erlernter und indoktrinierter Muster.
Einiges rückte in die Bewusstheit, wo es nur ein schwammiges Gefühl gab und sich auf mein Fühlen, Denken, Handeln und somit auf mein Leben auswirkte. Oder es war so vergraben und verdrängt, dass ich keine Ahnung hatte. Ich bin also wieder ein ganzes Stück noch mehr in mir selbst angekommen. Ein Prozess, der wohl immer noch andauern wird. Ich habe inzwischen meine Vorstellung aufgegeben, dass man irgendwann damit „fertig“ ist und an einem Ziel ankommen muss… Der Weg IST das Ziel. Nie war mir das mehr bewusst als Jetzt. Loslassen, um Neu zu werden – dauernd, ständig. Mit diesem Prozess BIN ICH immer mehr bewusst. Ich BIN Schwere UND Leichtigkeit, ich BIN Himmel UND Erde, ich BIN unten und oben, rechts und links. Licht und Dunkel ist in mir. Ich erfuhr Schmerz und Leid, verursachte ihn und bin dennoch jener Geist, der Frieden und frei und Liebe ist. Eben diese gegensätzlichen Pole sind es, die mich in Bewegung bringen, jenes immerwährende Neuwerden in Gang setzen. Und ich bin diejenige, die alles miteinander verbindet. Ich bin die Mitte, das Zentrum, die Quelle, der das alles bewusst ist und die in Liebe Neu wird und Altes ablöst.
All jene Veränderungen, dieses Erkennen in mir veränderten meinen Fokus. Ich traf neue Entscheidungen, wurde freier, weicher, entspannter. Vor ein paar Tagen, als ich jemandem davon erzählte und bewusst zurückschaute, wurde mir erst klar, was da geschehen war. Mit welcher Radikalität und in welchem Ausmaß diese Veränderungen geschahen und noch geschehen. Während des Gehens hindurch – Schritt für Schritt, konnte ich es nicht sehen. Dafür war ich viel zu sehr beschäftigt damit – ich fühlte mich oft überfordert – emotional, körperlich und geistig. Ich musste Pläne, Kontrolle und oft genug alles Verstehen und Wissen aufgeben. Und doch bin ich jetzt hier – so wie ich bin und fühle mich neu und freier und leichter dennjeh. Dieses „Training“ in das Vertrauen in meine innere Führung, in den größeren „Plan“ meiner Seele und in meine Kraft haben mich noch vertrauensvoller und selbstbestimmter werden lassen. Mein Mut und meine innere Stärke haben sich ausgezahlt. Ich bin anders, neu, freier, entspannter, gelassener, friedvoller – und vor allem liebevoller und nachsichtiger mit mir selbst. Keine Rollen mehr, keine Masken oder falsche Kleider, keine anstrengende Verstellung und Anpassung an ETWAS oder JEMANDEN….
Eine meiner wichtigsten Veränderungen war die Entscheidung und die tatsächliche Aufgabe meiner Praxis.
Ich habe nicht nur meine Praxis, meine Rolle als Physiotherapeutin aufgegeben, sondern zugleich viele Ansprüche an mich selbst verabschiedet, Rollen, Zwänge und ein für mich nicht mehr passendes, einengendes Arbeiten losgelassen. Etwas, was sich schon länger nicht mehr richtig anfühlte.
In diesem Lösungsprozess gab es viele Herausforderungen und kräftezehrende Situationen zu meistern.
Unplanbarkeit, Unsicherheit, Absagen, Hingehalten werden potentieller Käufer, Abhängigkeiten von Entscheidungen anderer brachten mich oft an den Rand der Verzweiflung.
Bis ich erkannte, dass ich nur IN mir klar sein muss. Wann und Was? Ich hab mich entschieden, all das Planen und das mich für alles und jeden verantwortlich fühlen, das perfekt machen wollen, alles regeln zu müssen irgendwann einfach losgelassen. Weil es nur noch anstrengend war, weil sich dauernd etwas änderte, weil ich nicht alles wissen konnte und irgendwann nicht mehr wollte…Bis ich erkannte, dass ich nur vertrauen muss. Dass das sich das WIE Schritt für Schritt zeigen wird. Die Richtung und das Wann stand ja fest.
Jetzt bin ich fast durch. Noch ein paar Wochen, dann geb ich die Schlüssel ab. Wer weiß was bis dahin noch alles ist :-).
Außerdem habe ich mir eine Herzens Vision endlich erfüllt: Ich habe einen Hund als Begleiter und Freund. Er ist ein Herzöffner für mich und alle Menschen um mich herum. Freude, Leichtigkeit und Bewegung hat er mitgebracht. Ich bin noch mehr draußen in der Natur durch ihn.
Warum hat das so lange gedauert?
Dabei wäre doch alles so einfach- erkennen, altes ablegen, niederlegen, wo anders hin schauen. Doch Gewohnheiten, nicht akzeptieren können, noch immer kontrollieren wollen, sich eben nicht einfach fallen lassen und sich öffnen können – da kann das Ganze ziemlich anstrengend werden. Man kämpft gegen sich selbst, gegen das Leben an sich, gegen die Veränderung, die ansonsten ganz natürlich geschehen würde. Und merkt es oft nicht einmal, wenn man in einer Falle feststeckt, die man sich zurechtlegen kann, die sich gut anfühlt und irgendwie sicherer als das, was ich gar nicht kenne…Da ist immer diese große Angst – Angst davor, sich wirklich einzulassen – auf unbequeme Wahrheiten, auf das eigene, echte Sein. Angst davor, dass man ein ganz anderer ist als man selbst gern hätte, dass man vieles – und vor allem sich selbst in einem ganz anderen, neuen Licht sehen muss. Erkennen muss, dass man sich immer selbst getäuscht hat. All das, was man mit all der Bemühung und Verbiegung im vergangenen Lebens verdrängt, verborgen hat – aus Angst davor, doch nicht richtig, nicht gut genug, nicht perfekt, besser oder was auch immer zu sein. Genau das, was man verhindern wollte – all das drängt ans Licht. Und es stellt sich heraus, dass es die Angst davor war, die dich gefangen hielt in einem Konstrukt aus Bemühung, Anstrengung, Kampf , Tun – ein ewiger Kreislauf….
Es ist Zeit ehrlich und echt zu sein. Das neue ist, dieses karmische Rad aus Bemühung, Anstrengung und Kampf zu verlassen. Dieses neue Sein ist ein Zustand. Ein freies Fließen mit mir selbst. Ein Mich selbst lieben, mir selbst erlauben Ich zu sein – mit ALLEM.
Ich bin bereit.
Jeanett Amberger