Juli 2024 – Zeit für Abschied

 

Im Juni ist meine Mutter gestorben- das war 5 Monate nach meinem Vater. 

In meiner Kindheit, Jugend habe ich mich schon mit dem Sterben auseinandergesetzt. Es war für mich unvorstellbar, einfach nicht mehr da zu sein. Weg, verschwunden und ausgelöscht. So hab ich es auch gelernt. Ohne Religion oder irgendeinem Glauben aufgewachsen – nur was greifbar ist, zählt.

Als meine Eltern älter wurden und das Sterben näher rückte, dachte ich oft daran, wie es sich anfühlen würde, bereitete mich auf das Ausmass dieses Ereignisses vor, wenn es soweit wäre. All die Traurigkeit, das Unfassbare, das nicht greifbare und „alles verändernde“ Verschwinden meiner Eltern, die ja IMMER da waren in meinem Leben. Auch die Tatsache, dass ich selbst auch immer älter werde und dann „weg“ bin beschäftigte mich hin und wieder. 

Ich las und sah einiges über Nahtoderfahrungen und Rückführungen in andere Leben. In meiner spirituellen Entwicklung habe ich  viel darüber gelernt – immer wieder gehört, gelesen und letztendlich als Tatsache hingenommen, dass die Seele unsterblich ist, dass wir viele Leben leben und zurückkehren, wenn eine Erfahrung ausgeschöpft ist. Dass letztendlich alles, was geschieht einem höheren Plan folgt, den wir selten bis gar nicht oder erst rückwirkend erkennen. 

Je öfter und selbstverständlicher ich dieses Wissen aufnahm, desto mehr Sinn machte es für mich. Es war Wissen statt tatsächlicher Erfahrung. Erlernt und Gehört – und doch spürte ich die Wahrheit dahinter. Je öfter ich selbst eigene andere Leben in meditativen Reisen erinnerte, sah und fühlte, um hinderliche Muster und Prägungen zu erkennen, desto mehr wurde alles für mich erklärbarer und rückte näher. Desto mehr fühlte ich und erinnerte mich zurück in etwas viel Größeres als das kleine Ich hier in diesem Körper, in dieser Inkarnation.

Deshalb verlor ich immer mehr die Angst vorm Sterben, auch vor dem Sterben meiner Eltern. Denn ich wusste ja, dass da viel mehr ist und konnte eine höhere Perspektive einnehmen. Und doch – irgendwo in mir blieb immer ein Rest Zweifel auf Grund meiner Konditionierungen und dem, was mir bisher erzählt wurde und woran ich bisher glaubte. Womöglich verleugne ich den Tod nur? Verdränge damit die eigene uralte Angst? Oder ich will die vermeintliche Realität einfach nicht wahrhaben?

Ich habe lange versucht, vor allem meinen Eltern die Angst vorm Sterben zu nehmen, das Loslassen zu erleichtern. Durch Erklären, Verständnis, Trost, Heilarbeit, Zuwendung…Bis ich erkannte, dass auch diese Art des Umgehens mit dem Sterben ganz bestimmt ihre Wahl war, zu ihrer Art zu leben gehörte oder irgendwie notwendig. Jeder ist für sich selbst verantwortlich, macht seine Erfahrungen auf seine Weise und hat natürlich auch die Entscheidungsmacht, was er wie erleben möchte. Wer bin ich, dass ich jemandem das verwehrte oder glaube, er kann das nicht. Damit endmächtige ich den Anderen und bin respektlos. Ich habe also akzeptiert, dass es die Wahl meiner Eltern war, wo, wie und wann sie gehen möchten. Auf jeden Fall auf höherer Ebene. Ich fühlte mich dennoch immer wieder sehr unempathisch und irgendwie kaltherzig, weil ich so wenig mitlitt. Dies war dennoch die beste Hilfe, die ich geben konnte. Würdigend, mit spürend, den Raum haltend. Liebe die freigibt und ermutigt, statt am Leiden zu klammern.

Und dann starb mein Vater -ja, ich war traurig und vor allem mitfühlend mit meiner Mutti, die nun allein war. Aber ich erinnerte mich vor allem an so viele Ereignisse mit meinem Vater – ein riesiger Schwall von Erinnerungen ploppte immer wieder auf. Ich empfand vor allem Dankbarkeit für die gemeinsame Zeit- trotz der Traurigkeit als Tochter, die ich ja auch war.

Auch meine Mutter entschlief sanft – erwartet und doch ganz plötzlich und fast schon unspektakulär dann 5 Monate später. Ist gar nicht lange her. Sie hatte immer noch Angst davor – und konnte doch letztendlich loslassen.

Es ist schwierig , meine Gefühle ganz zu erfassen. Auch ich fühlte mich gänzlich anders, als erwartet. Nicht nur, weil meine Eltern alt waren und es ja abzusehen war und einfach die Zeit reif. Da war Traurigkeit und doch nicht- ich erlebte diese Ausnahmesituation so ganz anders. Das war ein riesiges Geschenk, denn mir wurde mir bewusst, welche Veränderung in der Wahrnehmung bereits IN MIR stattgefunden hat. 

Ich war überrascht und fühlte mich wie sediert. Es war irgendwie nicht greifbar für mich. Ich fühlte eine tiefe Ruhe in mir, ein gehalten sein in einem unendlichen Feld aus Traurigkeit und Liebe zugleich. Ein großes dunkles Etwas, das mich hielt wie eine Mutter. Ich fühlte ganz deutlich, dass die Mutti, wie ich sie kannte nur ein sehr kleiner Teil am Rande war, der nun als Erinnerung bleibt. Der Rest war dunkel, weit, liebend, haltend. Mir war irgendwie bewusst, dass das geistige Wesen meiner Mutti weit, frei und einfach IST. Der Körper hingegen ein Überbleibsel ist. Die Energie der Mutter aus diesem Leben nur noch Erfahrung, Erinnerung an die Mutter in diesem Leben mit all ihren Wünschen, Ängsten, Sorgen, vielen menschlichen Eigenschaften, die mich wiederum auch auf meiner Reise begleitet haben und zu meiner eigenen Entwicklung beitrugen. Alle ist miteinander verwoben.

Das Wichtigste in dieser Erfahrung war, dass es mir BEWUSST wurde, dass ich ganz plötzlich erkannte, wie sehr sich alles schon verändert hat in mir – und überhaupt. So weit weg schon vom Alten, Konditionierten – drin im neuen Bewusstsein, in einer völlig neuen Wahrnehmung und in einem neuen Selbst- Verständnis, wo für mich eben MEINE Wahrnehmung zählt. Nicht was andere sagen, fühlen, meinen. So ohne Zweifel, dass ich mich täuschen könnte und damit nur eigene Ängste verdränge.

Meine Eltern sind zu der für sie richtigen Zeit gegangen und auch haben sie uns zu einer für uns als Kinder hier irdisch frei gegeben. Sie können uns jetzt als Teil unserer Seelenfamilie, als Ahnen tatkräftig unterstützen und wir sind frei von Sorgen um sie und gehen mit all unserer Erfahrungen und bewusst in eine neuen Erfahrungsraum, der sich sehr deutlich unterscheiden wird von allem, was bisher war.

Ich danke dir Vati, Ich danke dir Mutti. 

Eure irdische Tochter 

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